B. BIM-Standards

B.1 BIM-Fachbegriffe

Der Einsatz des Building Information Modeling stellt eine technische Veränderung dar. In der Praxis sind diese Veränderungen vor allem im Bereich der Projektentwicklung, konkret im Bereich der Objektplanung spürbar. Dort hat sich bereits gezeigt, dass nicht eindeutig definierte Vereinbarungen („ein BIM-Modell bitte…“) dazu führen, dass Angebotspreise und-qualitäten bei BIM-Dienstleistern stark variieren, unterschiedliche Erwartungshaltungen vorherrschen und technisch anspruchsvolle (und unnötige) Modellanforderungen gestellt werden. Als Konsequenz wurden zur Konkretisierung des BIM-Einsatzes eine Vielzahl an Fachbegriffen definiert. Die BIM-Fachbegriffe lassen sich grob wie folgt kategorisieren:

  • Anwendungsumfang (little-BIM, big-BIM)
  • Anwendungsfälle (Visualisierung, Kollisionsprüfung, Machbarkeitsstudien etc.)
  • Datenaustauschformate (openBIM, closedBIM)
  • Detaillierungs-/Reifegrade (LoD, LoG, LoI, LoA)
  • Dokumententypen (AIA, BAP, Prüfberichte)
  • Modelltypen (Basismodell, Fachmodelle, Koordinationsmodelle, Übergabemodelle)
  • Modellaktualität (as-planned, as-built, as-is Modelle)
  • Rollen (BIM-Manager, BIM-Koordinatoren, BIM-Autoren, BIM-Nutzer)

Eine weiterführende Erläuterung der einzelnen Fachbegriffe ist im Glossar zu finden.1 Bei der Recherche fiel auf, dass sowohl in der Literatur als auch in der Praxis diverse Fachbegriffe (leicht) unterschiedlich definiert werden. Für einzelne Fachbegriffe werden ähnliche Worte verwendet (Beispiel: BIM-Autor, BIM-Modellierer, BIM-Designer, BIM- Anwender, BIM-Architekt).

B.2 BIM-Initiativen, Vereine & Verbände in Deutschland

Die gif beobachtet national und international die verschiedenen BIM-Initiativen und bringt sich aktiv bei deren Harmonisierung der Normierungsarbeit ein. Nachfolgend werden die für diese Richtlinie relevanten Initiativen kurz benannt und erläutert. Weiterführende Informationen können direkt bei den Initiativen abgerufen werden. Auf nationaler Ebene engagieren sich primär Verbände und Vereine, die in der Praxis die BIM-Autoren vertreten.

Die wichtigsten Initiativen in Deutschland und deren Veröffentlichungen sind nachfolgend aufgeführt:

  • AHO (Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.); thematisiert die Vereinbarkeit von BIM und HOAI [6],
  • planen-bauen 4.0 Gesellschaft zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mbH; Tätigkeiten im Bereich Standardisierung, Beratung, Weiterbildung und Implementierung von BIM [7],
  • buildingSMART Germany (mit insgesamt 15 Regionalgruppen); befasst sich mit der Standardisierung und Weiterbildung im Bereich BIM [8],
  • BAK (Bundesarchitektenkammer); Veröffentlichung von Leitfäden für Architekten im Bereich BIM-Implementierung, BIM-Leistungsbilder und dem Einsatz von BIM im Bestand [9],
  • DVP e. V. (Deutscher Verband der Projektsteuerer e. V.); Ausrichtung von Tagungen, Arbeitskreisen und Weiterbildungen sowie Publikationen zur Digitalisierung im Bauwesen mit der Fokussierung auf BIM [10],
  • EU BIM Taskgroup; Vereinigung europäischer öffentlicher Auftraggeber; eröffentlichung von Leitfädeni [11],
  • gefma (German Facility Management Association); Definition der Bedeutung von BIM für die Bewirtschaftung von Gebäuden sowie Veröffentlichung von Richtlinien zu Informationsanforderungen der Planungs- und Bauphase für den Gebäudebetrieb [11],
  • Deutscher Verein für Vermessungswesen – Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement (DVW) e. V.; Abhalten von Tagungen und Veröffentlichung von Leifäden2
  • DIN (Deutsches Institut für Normung e. V.); nationale und internationale Normungs- und Standardisierungen im Bereich BIM[12]. Die aktuelle Version der DIN EN 17412-1 befasst dich mit den Konzepten und Grundsätzen der Informationsbedarfstiefe von Bauwerksinformationsmodellen [13], die Normenreihe der DIN EN SO 12006 betrachtet die Struktur für die Klassifizierungen von Hochbauten und für den objektorientierten Informationsaustausch [14],
  • VDI (Verein Deutscher Ingenieure); nationale Normungs- und Standardisierungen im Bereich BIM sowie die Ausrichtung von Arbeitskreisen und Kompetenztreffen [15]. Die Richtlinien der VDI-Reihe 2552 befassen sich neben den Grundlagen an den Datenaustausch auch mit Datenmanagement [16],
  • ZDB e. V. (Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V.) [17]
  • Mehrere landesweite Organisationen (bspw. BIM.Hamburg, BIM-Cluster-NRW e.V.); Ausrichtung landesweiter BIM-spezifischer Kompetenz- und Netzwerktreffen mit dem Ziel landesweiter Standardisierungen und der Etablierung von Austausch- und Diskussionsräumen für Unternehmen und öffentliche Institutionen [18, 19].

Die Initiativen entwickeln und veröffentlichen BIM-Standards für den Datenaustausch (IFC, BCF), BIM-Anwendungsfälle, BIM-Richtlinien, Leitfäden und einzelne Projektbeispiele für unterschiedliche Zwecke (Honorar- & Leistungsbilder, Begriffsdefinitionen, Öffentlichkeitsarbeit etc.).

Im Kontext der Definition von BIM-Anwendungsfällen ist die Organisation BIM Deutschland hervorzuheben. BIM Deutschland ist eine im Jahr 2020 durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMVI) und das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWS) gegründete zentrale öffentliche Anlaufstelle des Bundes für Informationen zum Thema BIM [7]. Ein weiterer wichtiger Akteur zur Standardisierung des herstellerneutralen Informationsaustausches bei BIM-Projekten ist buildingSMART Germany [8]. Die Tätigkeit von buildingSMART fokussiert die Verbesserung des Datenaustauschprozesses durch die Übersetzung des IFC-Standards, die Entwicklung von Standards für die berufliche BIM-Weiterbildung sowie die Zertifizierung von BIM-fähiger Software. buildingSMART Germany ist Teil einer internationalen Organisation (buildingSMART International) [20].

Darüber hinaus wurden Modellierungsrichtlinien und Empfehlungen zur einheitlichen Modelleingabe (Höhenbezüge, verwendete Bauteile, Bauteilgrenzen, Detaillierungsgrad etc.) in der Vergangenheit von Softwareherstellern (z.B. DEGES [29]), Staatsbetrieben (z.B. Freistaat Sachsen [30]), Hochschulen/Forschungseinrichtungen (z.B. das BIM-Institut der Bergischen Universität Wuppertal [31, 32, 1] oder das Karlsruher Institut für Technologie [2]) und verschiedenen BIM-Auftraggebern in Zusammenarbeit mit Beratungs- und Planungsdienstleistern definiert. Die Veröffentlichungen dienen vorrangig der Orientierung und als Starthilfe bei einer BIM-basierten Unternehmens- oder Projektorganisation.

Im deutschsprachigen Raum ist bei Projektentwicklungen feststellbar, dass unterschiedliche Strategien bei den BIM-Vorgaben eingesetzt werden. Einerseits werden BIM-Leistungsanforderungen streng vorgegeben (vorgegebene Softwareanwendungen, Modellierungsrichtlinie etc.). Andererseits werden zielorientierte Leistungsvorgaben definiert (Mindestanforderungen an die Modellinhalte). Beide Strategien haben Vor- undNachteile, die in Abhängigkeit der Projektorganisation und Vertragskonstellation zu wählen sind. In beiden Fällen ist zu empfehlen, die Informationsanforderungen für die spätere Datennutzung zu definieren.

B.3 BIM-Standardisierung im internationalen Kontext

International sind weitere Institutionen im Bereich der Standardisierung der BIM-Methodik tätig. Zu nennen sind hier unter anderem folgende internationale Initiativen mit deren Veröffentlichungen:

  • British Standards Institute (BSI): BS EN ISO 19650-1: Organisation von Daten zu Bauwerken. Informationsmanagement mit BIM - Konzepte und Grundsätze [21], BS EN ISO 19650-2: Planungs-, Bau- und Inbetriebnahmephase [22] und BS EB ISO 19650-3: Betriebsphase der Assets [23]
  • Technical Committee (CEN/TC): Technisches Kommittee des European Committee
  • Swedish Institute for Standards (SIS): siehe Veröffentlichungen BSI [22, 24, 21]
  • US National Institute of Building Sciences (NIBS): National BIM Guide for Owners [25]
  • RICS Royal Institution of Chartered Surveyors: International BIM Implementation Guide [26]
  • Building and Construction Authority Singapore: Singapore BIM guide-Version 2 [27].

Es ist festzustellen, dass insbesondere in den skandinavischen Ländern und im asiatischen Raum BIM schon viel stärker etabliert ist als in Deutschland. So hat beispielsweise Finnland bereits 2001 begonnen, die Implementierung von BIM bei privatwirtschaftlichen Bauprojekten staatlich zu unterstützen und tut dies bis heute – ohne offizielle Strategie [28]. Die Initiative EUBIM Taskgroup hat es sich zur Aufgabe gemacht, die nationalen Anstrengungen im Bereich BIM länderübergreifend europaweit zu bündeln.